Warum Wasser zählt: Der GCEW-Bericht 2024 zur globalen Wasserökonomie

Die Globale Kommission für die Ökonomie des Wassers (GCEW) hat einen bahnbrechenden Bericht mit dem Titel „Die Ökonomie des Wassers: Den hydrologischen Kreislauf als globales Gemeingut bewerten“ veröffentlicht.
Weitere Informationen: GCEW Bericht (2023).
Der Bericht bietet eine grundlegend neue Perspektive darauf, wie Gesellschaften sowohl Blauwasser (Flüsse, Seen, Grundwasserleiter) als auch Grünwasser (Bodenfeuchte, Vegetation) bewerten und verwalten sollten. Wasser wird als globales Gemeingut verstanden – eng verflochten mit Klimasystemen, Ökosystemen und den .
Globale Wasserkrise: Dringender Handlungsbedarf
- Mehr als 2,9 Milliarden Menschen sind von schwerem Wasserstress betroffen.
- Täglich sterben über 1.000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von unsauberem Trinkwasser und schlechter Sanitärversorgung.
Quelle: WHO – Trinkwasser und Sanitärversorgung
Der Bericht ruft zu dringendem, sektorübergreifendem und international koordiniertem Handeln auf, um diese humanitäre und ökologische Krise zu bewältigen.
1. Zentrale Ziele und Missionen
Wasser als globales Gemeingut behandeln
Wasser ist eine grenzüberschreitende Ressource und trägt zur Erreichung aller UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bei. Ein Globaler Wasserpakt soll messbare internationale Verpflichtungen verankern.
Wasser neu bewerten
Derzeit belaufen sich schädliche Subventionen auf 700 Milliarden USD jährlich, vor allem in Landwirtschaft und Energie. Diese verzerren die effiziente Wassernutzung. Erforderlich ist eine Preisgestaltung, die Umweltkosten, Knappheit und gesellschaftlichen Nutzen
Quelle: OECD – Financing Water
Grünwasser-Ökosysteme schützen
40–60 % des Niederschlags über Land stammt aus Evapotranspiration. Entwaldung, Landnutzungswandel und Humusverlust gefährden diesen Kreislauf. Gesunde Böden mit hohem Humusgehalt sind entscheidend für Feuchtigkeitsrecycling und Klimastabilität.
Quelle: UNESCO Weltwasserbericht 2024
Mission-orientiertes Handeln
Fünf koordinierte Missionen sollen systemische Wirkung auf Wassersicherheit und Ökosystemresilienz entfalten:
2. Die fünf Missionen
1. Wasserintelligente Ernährungssysteme
- Präzise Bewässerung
- Regenerative Landwirtschaft
- Reduktion wasserintensiver tierischer Produkte
- Dürretolerante Pflanzen und Bodenschutz
2. Grünwasser-Lebensräume wiederherstellen
Schutz und Wiederherstellung von Wäldern, Feuchtgebieten und Binnengewässern zur Sicherung von atmosphärischer Feuchtigkeit und stabilen Niederschlagszyklen.
3. Zirkuläre Wasserwirtschaft etablieren
- Halbierung städtischer Leckagen
- Wiederverwendung von mindestens 50 % des Abwassers
4. Wassersparende Energie- und Digitalisierungstechnologien
Wasserarme Technologien für Rechenzentren, Halbleiter und Mineraliengewinnung in der grünen und digitalen Transformation.
5. Sicheres Wasser für alle bis 2030
Dezentrale, erschwingliche Wasser- und Sanitärlösungen für ländliche und informelle urbane Gebiete unter Nutzung netzunabhängiger Technologien.
3. Folgen der Untätigkeit
- 8–15 % Rückgang des BIP in betroffenen Regionen bis 2050
- Bis zu 23 % Rückgang der weltweiten Getreideproduktion bei anhaltender Grundwasserübernutzung
- Zunehmende Migration und Ressourcenkonflikte
- Risiko von Klimakipppunkten durch hydrologische Instabilität
4. Lösungen und Finanzierungsbedarf
Finanzierungsziel | Investitionsbedarf |
---|---|
Erreichung von SDG 6 weltweit | 500 Mrd. USD jährlich |
Transformation der Landwirtschaft | 150–200 Mrd. USD über 15–20 Jahre |
Zirkuläre Infrastruktur in Städten | 200–300 Mrd. USD |
Bereits die Umlenkung von 50 % schädlicher Subventionen könnte den Wasserverbrauch global um 15–20 % senken, die Ernährungssicherheit verbessern und die Klimaresilienz erhöhen.
Zusätzlich fordert die GCEW den Aufbau einer globalen Grünwasser-Dateninfrastruktur, um Wissenslücken zu schließen.
5. Governance und Innovation
- Ein Globaler Wasserpakt soll gemeinsame Verantwortung formalisieren.
- Just Water Partnerships vereinen öffentliche und private Akteure unter gemeinsamen Nachhaltigkeitszielen.
- Finanzinstrumente: Blended Finance, First-Loss-Garantien, Ko-Investitionen
- Neue Wasserrechte an gerechtigkeitsbasierte Bedingungen knüpfen.
Fazit
Die globale Wasserkrise stellt ein systemisches Risiko, aber zugleich eine generationsübergreifende Chance dar. Die Neubewertung von Wasser, der Abbau schädlicher Anreize und der Ausbau innovativer Lösungen bieten eine Grundlage für klimastabile Wasserkreisläufe, biodiversitätsfreundliche Systeme und globalen Wohlstand.
Was ist grünes Wasser und warum ist es wichtig?
Grünes Wasser bezeichnet die in Böden und Pflanzen gespeicherte Feuchtigkeit, die durch Verdunstung oder Transpiration wieder in die Atmosphäre gelangt. Es ist essenziell für die Stabilisierung von Niederschlagsmustern, die Unterstützung der Landwirtschaft und die Regulierung des lokalen sowie globalen Klimas. Etwa 40–60 % der landbasierten Niederschläge werden durch grüne Wasserkreisläufe recycelt.
Was ist der von GCEW vorgeschlagene Globale Wasserpakt?
Der Globale Wasserpakt ist ein vorgeschlagenes internationales Abkommen, das den Wasserkreislauf offiziell als globales Gemeingut anerkennen soll. Er verfolgt das Ziel, messbare Ziele festzulegen, grenzüberschreitende Kooperationen zu koordinieren und Wassergovernance in globale Klima- und Biodiversitätsrahmen zu integrieren (UN 2023 Water Conference Outcomes).
Wie schaden derzeitige Subventionen den Wassersystemen?
Schätzungsweise 700 Milliarden US-Dollar werden jährlich an Subventionen vergeben – vor allem in der Landwirtschaft und im Bereich fossiler Brennstoffe –, die häufig ineffizienten Wasserverbrauch fördern und der Umwelt schaden. Bereits eine Umlenkung der Hälfte dieses Betrags könnte den globalen Wasserverbrauch deutlich reduzieren und nachhaltige Lösungen vorantreiben.
Was sind Just Water Partnerships?
Just Water Partnerships sind Kooperationsvereinbarungen zwischen Regierungen, privaten Investoren und Gemeinschaften. Sie nutzen Instrumente wie Blended Finance, First-Loss-Garantien und ergebnisbasierte Verträge, um gerechte, inklusive und wirkungsorientierte Wasserinfrastrukturprojekte zu fördern.
Wie funktioniert die zirkuläre Wasserwirtschaft?
Die zirkuläre Wasserwirtschaft verfolgt das Ziel, Verluste zu minimieren und Wiederverwendung zu maximieren. Sie umfasst die Wiederaufbereitung von Abwasser, die Minimierung von Leckagen in Verteilungsnetzen und den Einsatz naturbasierter Lösungen zur Wiederherstellung von Wasserflüssen und zur Stärkung der ökologischen Resilienz (European Commission – Circular Water Economy).
Welche Rolle spielt Bodenkohlenstoff für die Wasserresilienz?
Böden mit hohem Gehalt an organischer Substanz speichern Feuchtigkeit effektiver, verbessern die Verfügbarkeit von grünem Wasser und steigern die Produktivität der Pflanzen. Die Erhöhung des Kohlenstoffgehalts im Boden stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürren und trägt sowohl zur Kohlenstoffbindung als auch zur Stabilisierung von Niederschlägen bei.
Warum ist dringendes Handeln erforderlich?
Ein Zögern bei wirksamen Maßnahmen könnte irreversible Kipppunkte im Klimasystem auslösen, den Biodiversitätsverlust beschleunigen und wirtschaftliche Instabilität verstärken. Auch Wasserknappheit kann Migration und Konflikte verschärfen. Der Bericht fordert entschlossenes und koordiniertes globales Handeln, um diese Entwicklungen zu verhindern und langfristige Resilienz zu sichern.
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Wir stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: der globalen Wasserkrise. Wasser ist ein Motor des Wandels – es beeinflusst maßgeblich extreme Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen, die alle mit Wasserknappheit zusammenhängen. Viele der abrupten Extremereignisse, die wir heute weltweit beobachten, sind wasserbezogen.
Dieses Projekt bringt einige wirklich bahnbrechende Denker:innen zusammen.
Als Ökonom interessiert mich besonders, wie die Ausgestaltung unserer politischen Maßnahmen zu diesem Problem beigetragen hat – insbesondere, wie wir die Wirtschaft theoretisch erfassen und verstehen. Die Wirtschaft wird davon geprägt, wie wir öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Organisationen steuern – und vor allem, wie diese Sektoren miteinander interagieren.
[00:00:39]
Wasser ist sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance. Es durchzieht alle Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Es geht nicht nur um SDG 6 – sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen – oder SDG 14 – Leben unter Wasser. Wasser spielt auch eine zentrale Rolle bei Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, neuen Formen der Zusammenarbeit, Hungerbekämpfung und Klimaschutz.
Tatsächlich zieht sich Wasser durch alle 17 SDGs. Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir Investitionen, Finanzierungen – und ein Umdenken bei grundlegenden Fragen wie Eigentum und geistigen Eigentumsrechten.
[00:01:11]
Es mangelt nicht an Finanzmitteln in der Welt – es gibt genug davon. Was fehlt, sind Governance-Modelle, die Investitionen anreizen und die Beteiligung des Privatsektors so regulieren, dass sie sowohl eine angemessene Rendite als auch einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.
Dazu braucht es eine neue Art von Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor – eine, die weit über traditionelle Modelle hinausgeht. Es bedeutet, Risiken zu teilen, gemeinsam zu investieren und nicht den öffentlichen Sektor allein als Regulator und den privaten allein als Investor zu definieren.
Wir müssen in Forschung und Entwicklung investieren, in die Skalierung von Technologien und in globale öffentliche Güter.
[00:02:15]
Und hier liegt der Schlüssel: Wenn Länder international dazu beitragen, Kapazitäten anderswo aufzubauen – sei es in der Wassersicherheit, der Klimaanpassung oder im öffentlichen Gesundheitswesen –, dann geht es nicht um Hilfe. Es geht nicht um die Aufstockung von Entwicklungsetats. Es geht um strategische Investitionen, die langfristig allen Ländern zugutekommen.
[00:02:53]
Wir haben uns jahrelang mit Wasser beschäftigt und uns Sorgen gemacht – aber die Dringlichkeit hat nie das nötige Niveau erreicht.
In meiner Sprache, Igbo aus Nigeria, heißt das Wort für Wasser mili. Dieses Wort mili ruft unmittelbar das Bild von Leben hervor. In meiner Kultur bedeutet Wasser Leben. Ich glaube, das ist in vielen Kulturen so.
Wenn ich also das Wort „Wasser“ ausspreche, denke ich sofort an Leben. Und genau deshalb ist das Thema Wasser so kostbar.